Dagobert Frey (* 23. April 1883 in Wien, Österreich-Ungarn; † 13. Mai 1962 in Stuttgart) war ein österreichischer Kunsthistoriker, der wesentlich an den Bänden der Österreichischen Kunsttopographie mitarbeitete.

Leben und Werk

Nachdem er bereits ein Architekturstudium an der Technischen Hochschule Wien absolviert hatte, fand er 1911 eine Anstellung am staatlichen Denkmalamt als Mitarbeiter Max Dvořáks. Auf dessen Anraten begann er auch noch Kunstgeschichte zu studieren und promovierte 1915 über Bramantes St.-Peter-Entwurf und seine Apokryphen. Die Architektur der Renaissance, des Barocks und der Moderne wurde neben zahlreichen Beiträgen zur österreichischen Kunsttopographie ein Schwerpunkt seiner Forschung. Frey lehrte ab 1922 als Honorardozent an der Technischen Hochschule Wien. 1931 wurde er als Professor für Kunstgeschichte an die Universität Breslau berufen, dort erweiterte sich sein Gesichtskreis auf kunstgeographische und nationale Probleme des nordosteuropäischen Kulturraumes.

Nach dem deutschen Überfall auf Polen spielte Frey in Polen eine Rolle bei der Verschleppung von Kunstschätzen aus dem Nationalmuseum Warschau und bei den Vorbereitungen zur Sprengung des Warschauer Königsschlosses. In Krakau beteiligte er sich an der Eröffnung des Instituts für Deutsche Ostarbeit als Redner über deutsche Baukunst in Polen. Er galt als „Spiritus Rector“ dieses Instituts und war dort als Berater tätig. 1944 wurde Frey korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

1945 kehrte er nach Wien zurück und nahm seine Tätigkeit am Denkmalamt wieder auf. Darüber hinaus behandelte er kunstwissenschaftliche Theorien und Methodenfragen.

Seit 1951 lebte er in Stuttgart, wo er bis 1953 einen Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der Technischen Hochschule innehatte. 1950 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Österreichischen und 1953 der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt. In den Schriften dieser letzten Jahre befasste er sich mit den großen Künstlerpersönlichkeiten, wie Giotto, Tizian, Michelangelo oder Rembrandt van Rijn.

Freys methodische Position ist eine Synthese aus der entwicklungsgeschichtlichen, quellenkundlich fundierten Vorgangsweise der Wiener Schule der Kunstgeschichte und der unorthodoxen, fächerübergreifenden Systematik Josef Strzygowskis. Julius von Schlosser und vor allem der geisteswissenschaftliche Ansatz Max Dvořáks waren von grundlegender Bedeutung für Frey. Dazu kam, im Sinn von Strzygowskis vergleichender Kunstforschung, eine intensive Auseinandersetzung mit den Nachbardisziplinen, ein naturwissenschaftliches Interesse und die überregionale Berücksichtigung vor allem osteuropäischer Kunstlandschaften. In weiterer Folge beabsichtigte Frey, diese verschiedenen Komponenten zum Entwurf einer umfassenden Kunstphilosophie zu vereinen.

Sein Sohn Gerhard Frey (1915–2002) war ein bekannter Philosophieprofessor in Innsbruck. Er gab die Vorarbeiten seines Vaters für die geplante Philosophie der Kunst nach dessen Tod heraus, die freilich bis auf die beiden Arbeiten Kunst und Geschichte (1949/50) und Kunst und Sinnbild (1942/45) vorher schon im Druck erschienen waren. Im Vorwort bekennt er eine Verwandtschaft zum Denken seines Vaters; es sei ihm „selbst seit längerem bewußt, daß insbesondere meine sprach- und bewusstseinsphilosophischen Studien mit ihrem Entwurf einer linguistischen Theorie der Reflexion ohne Gedanken wie die vom Realitätscharakter des Kunstwerkes für mich nicht konzipierbar gewesen wären.“

Ein Teil von Freys schriftlichem Nachlass befindet sich im Deutschen Kunstarchiv im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg.

Zitate

Für Dagobert Frey war Kunst vornehmlich Sinnstiftung:

Kunstgeschichte ist für ihn der Versuch, diese Sinnstiftung der Kunst der Bewusstheit menschlichen Daseins zugänglich zu machen:

Kunst ist für ihn notwendigerweise subjektiv, genauso wie die Kunstkritik:

Werke (Auswahl)

  • Bramantes St. Peter-Entwurf und seine Apokryphen. Dissertation. Anton Schroll, Wien 1915.
  • Michelangelo-Studien. Anton Schroll, Wien 1920.
  • Max Dvoráks Stellung in der Kunstgeschichte. In: Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band 1, 1922, S. 1–21.
  • Johann Bernhard Fischer von Erlach. Eine Studie über seine Stellung in der Entwicklung der Wiener Palastfassade. Österreichische Verlagsgesellschaft Eduard Hölzel, Wien 1923.
  • Österreichische Kunsttopographie (Hrsg.), Bände 18–23, 30–31. Wien 1924–1931, 1947–1951.
  • Gotik und Renaissance als Grundlagen der modernen Weltanschauung. B. Filser, Augsburg 1929.
  • Die deutsche Kunst – Die deutsche Leistung in Ostmitteleuropa. Bund Deutscher Osten, Berlin 1938.
  • Krakau. Aufgenommen von Edgar Titzenthaler (Deutsche Lande – Deutsche Kunst). Deutscher Kunstverlag, Berlin 1941.
  • Englisches Wesen in der bildenden Kunst. Kohlhammer, Stuttgart/Berlin 1942.
  • Kunstwissenschaftliche Grundfragen. Prolegomena zu einer Kunstphilosophie. [Margarethe von] Rohrer, Wien 1946; ²Darmstadt 1972.
  • Grundlegung zu einer vergleichenden Kunstwissenschaft. Raum und Zeit in der Kunst der afrikanisch-eurasischen Hochkulturen. [Margarete von] Rohrer, Wien 1949; Neudruck Darmstadt 1970.
  • Dagobert Frey (Autobiographie), in: Nikolaus Grass (Hrsg.): Österreichische Geschichtswissenschaft der Gegenwart in Selbstdarstellungen. Band 2, Wagner, Innsbruck 1951.
  • Dämonie des Blicks. Akademie der Wissenschaften und Literatur, Mainz 1953 (= Abhandlungen der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse, Jahrgang 1952, Nr. 6).
  • Manierismus als europäische Stilerscheinung. Studien zur Kunst des 16. und 17. Jahrhunderts. Gerhard Frey (Herausgeber). W. Kohlhammer, Stuttgart 1964.
  • Bausteine zu einer Philosophie der Kunst. (Aufsätze). Geleitwort Walter Frodl. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1976, ISBN 3-534-06897-1.

Festschrift für Frey:

  • Hans Tintelnot (Hrsg.): Kunstgeschichtliche Studien. Dagobert Frey zum 23. April 1943. Von seinen Kollegen, Mitarbeitern u. Schülern. Gauverl. NS.-Schlesien, Breslau 1943.

Literatur

  • Kunstgeschichtliche Studien. Dagobert Frey zum 23. April 1943 von seinen Kollegen, Mitarbeitern und Schülern, Breslau 1943.
  • Zeitschrift für Ostforschung. Länder und Völker im östlichen Mitteleuropa, II/4 (Dagobert Frey zum 70. Geburtstag), Marburg/Lahn 1953.
  • Otto Demus: Nachruf auf Dagobert Frey, in: Almanach der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Band 112, Wien 1962, S. 383 ff.
  • Dagobert Frey. Verzeichnis seiner Werke, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege, 16, 1962.
  • Dagobert Frey, 1883–1962. Eine Erinnerungsschrift. Kunsthistorisches Institut der Universität Kiel, Kiel 1962.
  • Hans Sedlmayr: Nachruf auf Dagobert Frey, in: Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München 1963.
  • Ulrike Gensbaur-Bendler: Dagobert Frey. Lebensphilosophische Grundlagen seiner Kunsttheorie, in: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, 42, 1989.
  • Ingrid Schulze: Der Missbrauch der Kunstgeschichte durch die imperialistische deutsche Ostpolitik, Leipzig 1970 (zur Rolle Freys im „Dritten Reich“).
  • Stanislaw Lorentz: Das Doppelgesicht des Dr. D. Frey, in: Informationsbulletin der Zachodnia Agencia Prasowa 8, 1960, S. 6–10.

Weblinks

  • Literatur von und über Dagobert Frey im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Eintrag im Dictionary of Art Historians (englisch)

Einzelnachweise


Dr. Gregor Frey Director Robert Half XING

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13.6.1992 Der Fall